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Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG > Auction 205Auction date: 12 March 2012
Lot number: 1405

Lot description:



DAS REICH DER FRANKEN
KAROLINGER

Ein Porträtdenar Karls des Großen mit Kaisertitel (800-814). Denar, unbestimmte Münzstätte. 1,53 g. KARLVS IMP AVC Büste r. mit Lorbeerkranz und umgelegtem Mantel//XPICTIANA RELIGIO Kirchengebäude. Depeyrot 1166; M./G. 317.
Von allergrößter Seltenheit. Fast vorzügliches Exemplar

Die Porträtdenare Karls des Großen mit dem Kaisertitel IMP(erator) AVG(ustus) anstelle des ansonsten üblichen REX FR(ancorum) gehören zu den großen Seltenheiten der Mittelalternumismatik, und die Umstände ihrer Prägung sind immer noch rätselhaft.
Die einfache Annahme, Münzen mit Kaisertitel stellen das Geld des Frankenreiches nach der Kaiserkrönung Karls des Großen am 25. Dezember 800 dar, erscheint nicht plausibel, da sie für den angenommenen Prägezeitraum 800814 viel zu selten vorkommen. G. Depeyrot verzeichnet gerade einmal 15 bekannte Exemplare des anonymen XPICTIANA-RELIGIO-Typs und B. Kluge geht von kaum 35 Exemplaren mit Kaiserbüste insgesamt aus. In der Forschung werden daher zwei Theorien diskutiert: Die erste geht davon aus, daß es sich um besondere Festprägungen anläßlich der Kaiserkrönung 800 handelt, wohingegen die wahrscheinlich seit 793/794 ausgeprägten "denarii novi" mit Karolusmonogramm unverändert weitergeprägt wurden. Dieser Ansatz würde das außergewöhnliche Motiv der Kaiserbüste und die hohe Wertschätzung bei den Zeitgenossen erklären. Die zweite Theorie nimmt eine Prägung erst nach der Anerkennung der Krönung Karls des Großen durch den byzantinischen Kaiser im Jahre 812 an, was zumindest die Seltenheit der Stücke erklären könnte.
Anhand des Bildmotivs der Rückseite lassen sich vier Gruppen unterscheiden: Die hier vorliegenden anonymen Exemplare mit einem Kirchengebäude (XPICTIANA RELIGIO), die Darstellung eines Stadttores (Arles, Rouen und Trier), die Darstellung eines Schiffes (Dorestad und Quentovic) und die Abbildung von Prägewerkzeugen (METALL GERMAN - von lat. "germanum" = echt, wahr, rein / wahrscheinlich Münzstätte Melle). Bei den Exemplaren des XPICTIANA-RELIGIO-Typs lassen sich außerdem 3 Vorderseitenlegenden unterscheiden: 1. D(ominus) N(oster) KARLVS IMP(erator) AVG(ustus) R(ex) F(rancorum) ET L(angobardorum), 2. KAROLVS IMP AVG und 3. das an dieser Stelle vorliegende KARLVS IMP AVG. Auch die Prägeorte der anonymen Stücke sind rätselhaft. Einige Exemplare präsentieren unter der Kaiserbüste Buchstaben, die als Münzstättensignaturen gedeutet worden sind: C (Köln), F (Frankfurt), M (Mainz) und V (Worms). Die Münzen mit der Legende KARLVS IMP AVG konnten bislang noch keiner Münzstätte zweifelsfrei zugewiesen werden. S. Coupland konnte jedoch anhand von stilistischen Untersuchungen und Stempelverbindungen nachweisen, daß die Prägungen an einem anderen Ort als die KAROLVS IMP AVG Exemplare entstanden sein müssen.
Wir freuen uns, Ihnen eine der großen Seltenheiten der karolingischen Münzgeschichte und der Münzprägung des Mittelalters überhaupt in dieser Auktion präsentieren zu dürfen.
Literatur: • Coupland, S.: Charlemagne's coinage: ideology and economy, in: Story, J. [Hrsg.]: Charlemagne - Empire and Society, Manchester 2005, S. 211-229. • Grierson, P.: Money and Coinage under Charlemagne, in: Braunfels, W. [Hrsg.]: Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben. I. Persönlichkeit und Geschichte, Düsseldorf 1965, S. 501-536. • Grierson, P. / Blackburn, M.: Medieval european Coinage. I. The Early Middle Ages (5th-10th centuries), Cambridge 1986, S. 209-210. • Kluge, B.: Numismatik des Mittelalters. Handbuch und Thesaurus Nummorum Medii Aevi, Berlin / Wien 2007, S. 87-88. • Lafaurie, J.: Les monnaies impériales de Charlemagne, in: Comptes-rendus de l'académie des inscriptions et belles-lettres 1978, S. 154-176.



Estimate: 30000 EUR